Pınar Selek
Dokumentation: Zu Männern gedrillt! Militarismus und Männlichkeit in der Türkei






Michael Fanizadeh: Ich bin Referent am VIDC, und ich darf sie ganz herzlich zur
heutigen Buchpräsentation und Diskussion mit dem Titel: „Zu Männern gedrillt!
Militarismus und Männlichkeit in der Türkei“ mit der Autorin Pinar Selek begrüßen.
Moderiert wird die Veranstaltung von Ilker Ataç. Pinar Selek, Ilker Ataç, herzlich
willkommen und vielen Dank, dass ihr unserer Einladung gefolgt seid.
Das VIDC ist sehr froh, die heutige Veranstaltung durchführen zu können. Wir haben
Frau Selek bereits zur Eröffnung des Festivals Salam Orient im Oktober vergangenen
Jahres nach Wien eingeladen. Im Focus ihres damaligen Vortrags standen die
türkische Frauenbewegung und deren Stellung in der nationalen und internationalen
politischen Konjunktur. Eine ihrer Thesen in puncto militaristischer Politik damals: Die
christliche und muslimische Rechte gehen bei der Geschlechterpolitik Hand in Hand,
sei es in Fragen der Sexualmoral, der Empfängnisverhütung oder der Abtreibung.
Und es ließen sich wohl weitere Parallelen finden, wo die scheinbar so
gegensätzlichen Positionen Einigkeit erfahren. Eine weitergehende Debatte wäre
schon damals für uns interessant gewesen. Und ihr aktuelles Buch „Zum Mann
gehätschelt. Zum Mann gedrillt. Männliche Identitäten“, welches im März 2010 im
Orlanda-Verlag auf Deutsch erschienen ist, bietet uns jetzt die Gelegenheit dazu.
Denn eine Diskussion über Geschlechteridentitäten, jenseits westlicher
Klischeevorstellungen, gerade auch in Bezug auf ein muslimisches Land erscheint uns
sehr bedeutsam. Ich möchte jetzt nicht weiter auf das Buch eingehen, welches in der
Folge ausgiebig diskutiert wird, sondern Ihnen Pinar Selek vorstellen.
Die türkische Schriftstellerin und studierte Soziologin Pinar Selek ist derzeit
Stipendiatin im Writers-in-Exile-Programm des deutschen P.E.N.-Zentrums in Berlin.
Sie setzt sich leidenschaftlich sowohl für die Interessen sozial benachteiligter
Gruppen als auch für die Rechte ethnischer Minderheiten ein, etwa der KurdInnen
und der ArmenierInnen. Sie ist Autorin von Sachbüchern mit soziologischer Thematik,
schreibt Kinderbücher und arbeitet derzeit an ihrem ersten Roman. Ende der
neunziger Jahre wurde Pinar Selek wegen angeblicher Propagandaarbeit für die PKK
verhaftet, saß zweieinhalb Jahre in Untersuchungshaft und wurde schwer gefoltert.
Erst im Gefängnis, Monate nach ihrer Festnahme, konfrontierte man sie mit dem
Vorwurf, im Auftrage der PKK einen Bombenanschlag auf den Istanbuler
Gewürzbasar verübt zu haben. Das Verfahren zog sich über acht Jahre hin. Nachdem
zahlreiche Gutachter bestätigt hatten, dass die Explosion auf dem Basar nicht auf
eine Bombe, sondern auf eine defekte Gasflasche zurückzuführen war, und nachdem
der Hauptzeuge der Anklage eingeräumt hatte, seine Pinar Selek belastenden
Aussagen unter Folter gemacht zu haben, wurde sie 2006 freigesprochen. Anfang
letzten Jahres ging der Fall jedoch wegen angeblicher Formfehler vor die oberste
türkische Instanz. Dort wurde der Freispruch kurzerhand wieder aufgehoben,
wogegen der Oberstaatsanwalt desselben Gerichtshofs indes Widerspruch einlegte,
der aber abgewiesen wurde. Am 8. Februar 2010 haben wir erfahren, dass die
berüchtigte 9. Strafkammer des Obersten Kassationsgerichts in Ankara Pinar Seleks
Verurteilung zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe fordert.
Pinar Selek ist in den vergangenen zehn Jahren in der Türkei zu einer Ikone der
Demokratiebewegung geworden. Es ist unübersehbar, dass demokratiefeindlic
Pınar Selek
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Mahkeme Süreci Court Process