Studie zum Männerbild im türkischen Militär


"Man ergibt sich", heißt der Eintritt ins Militär im Türkischen wörtlichen. Pinar Selek untersucht, wie Jungs in der Armee zu Männern gemacht werden. In der Türkei droht ihr ein absurder Prozess.


VON DENIZ YÜCEL / Taz Zeitung

Weiterhin bestehe das Ideal der türkischen Armee nicht darin, die Soldaten zu "Staatsbürger in Uniform" zu machen, sondern alle Bürger zu "Soldaten ohne Uniform". Foto: dpa

Es gibt keine Alternative. Nicht einmal eine Altersbegrenzung. Zwar gibt es offiziell gegenwärtig rund eine Million türkischer Männer, die sich auf legale oder illegale Weise um den Militärdienst drücken. Aber, sofern sie sich nicht der Handvoll Kriegsdienstverweigerer anschließen oder nicht das Land verlassen und sich daher freikaufen dürfen, werden sie früher oder später tun, was man von ihnen verlangt und was 390.000 Männer in der fünftgrößten Armee der Welt zur Stunde tun. Irgendwann sind alle Tricks ausgeschöpft, ist man das Leben im Ungewissen leid, wird der nicht geleistete Militärdienst zum beruflichen oder privaten Hindernis (etwa bei der Heirat). "Man ergibt sich", wie der Eintritt in die Armee im Türkischen wörtlich heißt.

"Armee und Schulen sind dazu da, um aus Bauern Franzosen zu machen", lautete ein geflügeltes Wort im napoleonischen Frankreich. Pinar Selek würde ergänzen: Die Armee ist dazu da, um aus Jungen Männer zu machen, bestimmte natürlich. Durch Gewalt, Zwang und Maßregelung, durch Unterricht, etwa in Sexualkunde, aber auch durch "eigene" Unternehmungen, Bordellbesuche und Besäufnisse inklusive. Wie genau dieser Prozess sich vollzieht, wie diese Erfahrungen die Persönlichkeit von Männern beeinflussen, ist Gegenstand ihres Buches "Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt", das nun auf Deutsch erschienen ist.

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