Es ist der 9. Juli 1998. Infolge einer Explosion in dem historischen Gewürzbasar in Istanbul sterben mehrere Menschen.
Spezialeinheiten der Polizei fertigen nach Untersuchungen am Ort des Geschehens in den folgenden Tagen drei Berichte an. In allen diesen drei Berichten wird festgestellt, dass die Explosion nicht auf eine Bombe zurückzuführen sei. In allen Zeitungen und Fernsehkanälen wird berichtet, dass es sich um die Explosion einer Flüssiggasflasche gehandelt habe.
Nach einigen Tagen wird die Soziologin Pinar Selek beim Verlassen einer Kunstwerkstatt, die sie im Rahmen eines Projektes mit Straßenkindern gegründet hatte, von der Polizei festgenommen. Zu diesem Zeitpunkt arbeitet sie an einer Untersuchung über das Kurdenproblem sowie über die Gründe des daraus resultierenden Krieges. Zu diesem Zweck hatte sie Methoden der „oral history“ eingesetzt und zahlreiche Interviews mit Betroffenen geführt. Bei der Festnahme werden auch die Unterlagen zu dieser Untersuchung beschlagnahmt. Unter Folter wird Selek gezwungen, die Namen ihrer Interviewpartner herauszugeben. Als sie das verweigert, wird gegen sie wegen „Beihilfe und Unterstützung einer terroristischen Organisation“ Haftbefehl erlassen.
Einen Monat nach ihrer Verhaftung wird sie als Urheberin der Explosion im Istanbuler Gewürzbasar präsentiert. Selek selbst erfährt im Gefängnis von dieser Beschuldigung gegen sie zufällig aus einer Nachrichtensendung des Fernsehens. Zuvor waren ihr weder bei der Polizei, noch bei dem Gericht, welches den Haftbefehl gegen sie erlassen hatte, Fragen zu diesem Thema gestellt worden.
Grundlage dieser Beschuldigung war die Aussage einer Person namens Abdülmecit Öztürk, der bei der Polizei ausgesagt hatte, „zusammen mit Pinar Selek eine Bombe in dem Gewürzbasar platziert“ zu haben.
Selek wird in das Verfahren einbezogen, welches inzwischen vor der 12. Strafkammer des Istanbuler Amtsgerichts wegen der Explosion im Gewürzbasar eröffnet worden war. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt nun Selek, „zusammen mit Abdülmecit Öztürk im Auftrag einer terroristischen Organisation (der PKK) eine Bombe in den Gewürzbasar gelegt zu haben und darüber hinaus Mitglied der besagten Organisation zu sein“.
Während der Verhandlung vor dem Gericht werden die gegen Selek angeführten Beweismittel von ihren Verteidigern entkräftet. Der Mitangeklagte Abdümecit Öztürk, auf Grund dessen Aussage Selek überhaupt beschuldigt wurde, erklärt bereits am ersten Verhandlungstag, dass seine Aussage unter Folter zustande gekommen sei. Ein auf eigene Initiative des Gerichtes veranlasstes Gutachten kommt zu dem Schluss, dass „die Explosion mit absoluter Sicherheit nicht auf eine Bombe zurückzuführen“ sei.
Nach zweieinhalb Jahren wird Pinar Selek am 22.12.2000 aus der Untersuchungshaft entlassen, das Verfahren gegen sie wird aber fortgeführt. Obwohl sie selbst keine Verfahrensbeteiligte im juristischen Sinne sind, fordern das Justiz- und Innenministerium ohne rechtliche Grundlage mehrmals Akteneinsicht bei dem verhandelnden Gericht. Auf Intervention dieser beiden Ministerien werden immer wieder neue Gutachten in Auftrag gegeben. Trotz des erheblichen Drucks wird in 6 unterschiedlichen Gutachten von renommierten Universitäten festgestellt, dass die Explosion mit Sicherheit nicht von einer Bombe verursacht worden sei. Lediglich in einem, vom Innenministerium in Auftrag gegebenen, Gutachten wird die Meinung geäußert, dass „die Explosion auf eine Bombe zurückgeführt werden könnte“.
Währenddessen formiert sich eine Solidaritätskampagne für Pinar Selek. Hunderte von Intellektuellen und Friedensaktivisten, die von der Unschuld Seleks überzeugt sind, nehmen zu ihrer Unterstützung an den Verhandlungsterminen teil, darunter auch bekannte Schriftsteller und Wissenschaftler wi
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