Pınar Selek
Gericht bekräftigt Freispruch für Autorin Selek
Neue Verhandlung in der Türkei

Gericht bekräftigt Freispruch für Autorin Selek

Kurzes Aufatmen für die im deutschen Exil lebende Autorin Selek: Ein Gericht in Ankara hat einen früheren Freispruch bekräftigt. Die Staatsanwaltschaft aber will Revision einlegen. Dann muss sich der Große Strafsenat des Kassationsgerichtshofes mit dem Fall beschäftigen. Selek soll für einen Anschlag verantwortlich sein, bei dem 1998 sieben Menschen starben.

Von Arndt Künnecke, ARD-Studio Istanbul

Es war der 9. Juli 1998, der das Leben von Pinar Selek veränderte. Die damals 27-Jährige hatte gerade ihr Soziologiestudium abgeschlossen und recherchierte in der Türkei über die Ursachen des Kurdenkonflikts, als es im Gewürzbasar in der Istanbuler Altstadt eine Explosion gab, der sieben Menschen zum Opfer fielen. Die Behörden vermuteten hinter der Explosion einen Bombenanschlag der kurdischen PKK.

Zwei Tage später wurde Selek verhaftet. Im Polizeipräsidium sei sie, so Selek, nach zwei Namen von PKK-Aktivisten gefragt worden, die sie im Rahmen ihrer Recherche interviewt hatte. Als sie sich weigerte, die Namen zu nennen, sei sie mehrere Tage gefoltert worden. Als sie immer noch schwieg, habe man ihr ein vorformuliertes Geständnis vorgelegt, wonach sie in einem Istanbuler Atelier zwei Bomben versteckt habe und der PKK helfe. Diese Aussage habe sie unterschrieben, um die Folter zu beenden. Anschließend habe sie im Gefängnis aus dem Fernsehen erfahren, dass sie laut Zeugenaussage an der Bombenexplosion beteiligt gewesen sein soll.

Pinar Selek (Archivbild 2001) (Foto: ASSOCIATED PRESS) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Pinar Selek (Archivbild 2001) ]

Fragwürdige Aussagen und Beweise

Die Beweise, auf die sich die Anklage stützt, sind nicht stichhaltig und zum Teil voller Widersprüche. Die in einem von Selek mit aufgebauten Atelier für Straßenkinder gefundenen Bomben waren laut Polizei mit braunem Klebeband verpackt. Als dieses auf Fingerabdrücke untersucht wurde, war im Polizeiprotokoll auf einmal die Rede davon, dass Seleks Fingerabdrücke auf dem gelben Klebeband der Bombenverpackung festgestellt worden seien. Gelbes Klebeband war laut polizeilichem Sicherstellungsprotokoll jedoch im Atelier gar nicht gefunden worden.

Der als Mittäter angeklagte Jugendliche, der gegenüber der Polizei behauptet hatte, dass er auf Veranlassung von Selek die angeblich im Gewürzbasar explodierte Bombe gemeinsam mit dieser gebaut und dort deponiert habe, widerrief diese Aussage bereits im ersten Prozess. Er sagte aus, dass seine sich selbst und Selek belastende Aussage damals nur unter Folter zustande gekommen sei und er Selek in Wahrheit zum ersten Mal in ihrer gemeinsamen Gerichtsverhandlung gesehen habe. Daraufhin wurde er rechtskräftig freigesprochen. Nur gegen den Freispruch Seleks legte die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel ein.

Schließlich kommen nur zwei von etwa ein Dutzend Gutachten zum Ergebnis, dass eine Bombe die Ursache der Explosion im Gewürzbasar gewesen sein könnte. Die übrigen Gutachten schließen dieses aus, weil keine Überreste einer Bombe am Tatort festgestellt worden seien. Stattdessen sei eine defekte Gasflasche für die Explosion ursächlich gewesen.

Freisprüche werden aufgehoben

D

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Mahkeme Süreci Court Process